Wandfluh (1996)

Bildmaterial stammt von Probeinstallationen. Das Gesamtprojekt wurde nicht realisiert.

JURA LICHT MEER

Eine Lichtinstallation in den versteinerten Sanddünen der Wandfluh

Das kesselförmige, langgezogene Halbrund der Wandfluh ist ein offenes Tagebuch der Erdgeschichte, gibt es uns doch einen geologischen Einblick von mehr als 20 Millionen Jahren. Wie durch ein Fenster können wir in die geologische Vergangenheit und auf die Entwicklung unserer Umgebung blicken.
Mit Licht mache ich die reliefartigen Kalksandablagerungen des Jurameers sichtbar. Diese Schräg- und Kreuzschichtungen sind für Ablagerungen der Gezeitenzone typisch. Es sind grosse, untermeerische Dünen aus Kalksand, die auch heute noch in subtropischen und tropischen Gewässern entstehen.
Die Arbeit mit Licht in dieser grossen Landschaftsdimension ist eine Herausforderung. Damit der Aufbau dieser Fluh spürbar wird, müssen die Scheinwerfer ganz gezielt unter der zerklüfteten Wand positioniert werden. Mit einem Helikopterflug war der Überblick klar und einfach zu gewinnen. Bei der Arbeit im Gelände zeigte sich allerdings rasch, wie beschränkt und klein man sich als Mensch in dieser Landschaft fühlt.
Die Arbeit am Detail und gleichzeitig den Überblick auf das Ganze zu behalten sind die Voraussetzungen, damit das Projekt gelingt.
Die Ausführung dieses Land Art Projektes ist nur in Zusammenarbeit mit Behörden, Fachleuten und Helfern möglich. Die Kunstgesellschaft Grenchen möchte mit einer Lichtinstallation auf die 14. Grafiktriennale, die im September 1997 stattfindet, aufmerksam machen. Das Vorprojekt wird deshalb auch von ihr finanziert. Fachleute von den Städtischen Werken und vom Zivilschutz Grenchen arbeiten beim Vorprojekt mit und schaffen so die Grundlagen, damit dieses faszinierende Vorhaben 1997 realisiert werden kann.
Rund 35 Scheinwerfer mit einer Gesamtleistung von 40 kW braucht es, um die Wandfluh in ein anderes Licht zu tauchen. Dies entspricht einem Stromverbrauch von 8 Friteusen. Die Beleuchtung der ganzen Wandfluh kostet pro Nacht ca. 60.– Franken. Der geringe Stromverbrauch steht im Gegensatz zur aufwendigen Installation, die die strengen Sicherheitsvorschriften für Installationen im Freien erfüllen muss. Auch an die Mitarbeiter werden spezielle Anforderungen gestellt, denn das Gelände unterhalb der Wandfluh ist sehr steil und schwer zugänglich.
Die Wandfluh, das Wahrzeichen von Grenchen, neu erlebbar und sichtbar zu machen, ist eine schwierige, aber auch sehr faszinierende Aufgabe. Wenn sie das Ziel erreicht, den Menschen die Umgebung und die Natur näherzubringen, lohnt sich der Aufwand.
Denn, was ist der Mensch ohne eine intakte Natur, in der er sich integriert, mit welcher er lebt, die ihn beherbergt, ihn ernährt und seine Sinne weckt!

Ueli Studer
Oktober 1996